Der Herbstwind und das ängstliche Blatt

Herbstgeschichte für Kinder – Das Blatt mag sich nicht von seinem Platz am Zweig lösen. Es hat Angst

Ein Herbstwindtag war heute. Die Menschen saßen gemütlich in ihren warmen Zimmern oder ließen sich die Luft, die der Wind vom Meer mitbrachte, bei einem Spaziergang durch Wälder, Felder und Parks um die Nase wehen. Sie roch würzig und frisch. Nach Herbst und Meer und Freiheit. Schön war das.
Auch der Wind hatte seinen Spaß an diesem Tag. Heftig fegte er wieder und wieder durch die Kronen der Bäume. Huiiiii! Es war, als spielte er mit ihnen. Und Huiiiii wirbelten und tanzten die gelben, braunen und rot gefärbten Herbstblätter, die sich von ihren Zweigen lösten, durch die Luft. Sie malten fröhliche, bunte Blätterwirbel-Bilder überall im Land. Es schien, als spielten sie mit dem Herbstwind und hätten genau so viel Spaß wie der Wind selbst.
Nur ein Blatt im Apfelbaum oben links fühlte sich überhaupt nicht fröhlich an diesem Windtag. Es wollte nämlich seinen Baum nicht verlassen.
„Nei-ei-ein! Ich habe Angst“, rief es, als der Herbstwind wieder durch die Krone des alten, schiefen Apfelbaumes fegte. Fest klammerte es sich an seinen Ast. „Ich will nicht auf den nassen Boden fallen.“
Wieder nahm der Wind Anlauf. „Huiiii!“, pfiff er mit aller Kraft über die Obstwiese.
„Huiiii!“, jubelten die anderen Blätter und wirbelten übermütig dem Wind hinterher.
„Huiiii-hi-hilfe!“, heulte das ängstliche Blatt, als die nächste Windböe kam.
„Komm, kleines Blatt, komm, flieg mit mir! Viel Spaß und ein Tänzchen schenke ich dir“, säuselte der Wind.
„Ja, komm!”, singen die Blätter. „Tanz mit uns um die Welt. Schööön ist das, was uns allen gefällt!“
Schööön? Das Blatt starrte seinen Kollegen hinterher, die sich vergnügt im Wind wiegten, durch die Luft kreiselten, Purzelbäume schlugen und einander tänzelnd neckten.
„Sieht aus, als fühlten sie sich wohl!“, wunderte es sich.
„Sie sind ja auch nicht alleine!“, raunte der Apfelbaum.
Alleine? Erschreckt stellte das Blatt fest, dass die Äste ringsum immer kahler wurden. Alleine sein, das klang noch beängstigender. Nein, das Blatt wollte nicht alleine bleiben. Um keinen Preis.
„Nei-hei-ei-ein! Aber ich habe Angst“, rief es wieder. „Ich mag aber auch nicht alleine sein. Wartet, ich koooommeeeee!“
Schnell löste es sich von seinem Ast und ließ sich vom nächsten Windstoß über die Obstwiese zu seinen Freunden pusten. Und da schwebte es nun und trudelte und tanzte und wiegte sich im Wind und war glücklich.
„Schöööön!“, jubelte es. „Wie schön ist das!“
Am allerschönsten aber war, dachte das Blatt insgeheim, dass es sich nun nicht mehr fürchten musste. Wovor auch?

© Elke Bräunling

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Bildquelle © moritz320/pixabay

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