Gärtner Hubers Sternenblumen

Blumengeschichte im Herbst – Gärtner Huber erzählt Jule und Max beim Kränzebinden die Geschichte der Sternenblumen, die eigentlich Herbstastern sind

Jule und Max frieren. Bei diesem kalten, grauen Nebelwetter ist es ihnen auf dem Spielplatz zu ungemütlich.
Max seufzt. „Ich mag dieses Wetter nicht leiden. Es ist so kalt!“
„Wenn es wenigstens schneien würdet!“, meint Jule.
Sie bleiben vor dem Schaufenster der Gärtnerei Huber stehen. Bunte Blumengestecke und Kränze liegen da.
„Schön“, freut sich Jule.
„Die sind für den Friedhof“, sagt Max. „Damit sich die Toten ein bisschen freuen.“
„Geht das denn?“, fragt Jule.
„Vielleicht“, sagt Max. „Wäre doch toll, oder?“
„Na ja“, meint Jule. „Auf jeden Fall freuen sich die Leute, die den Friedhof besuchen. Das kann ich mir besser vorstellen.“
Im Laden sitzt Gärtner Huber und bindet Kränze. Eine Kerze steht neben ihm und flackert. Gemütlich sieht das aus. Jule und Max drücken sich die Nasen an der Fensterscheibe platt. Da klopft Herr Huber von innen an die Scheibe:
“Was macht ihr denn da draußen in der Nebelkälte?”
“Och”, antwortet Max. “Wir frieren ein bisschen.“
„Langweilig ist uns auch“, sagt Jule.
„Langweilig?“, fragt Herr Huber. „Wollt ihr mir helfen?”
“Au ja”, freuen sich Jule und Max.
Gärtner Huber lächelt. „Na, dann herein mit euch in die gute Stube!“
Es macht Spaß, Gärtner Huber bei der Arbeit zuzusehen. Mit flinken Händen bindet er Blumen, Beeren- und Tannenzweige zu dicken, runden Kränzen zusammen.
„Toll, wie die Zweige duften“, sagt Max.
„Und die Blumen sind so schön bunt. Wie heißen die denn?“, fragt Jule.
„Herbstastern! Man sagt aber auch ´Sternenblumen´ zu ihnen.“
„Das klingt hübsch“, sagt Jule. „Aber warum heißen die so?”
„Das ist eine alte Geschichte“, sagt Gärtner Huber. „Früher nämlich hat man zu Astern nur Sternenblumen gesagt.“
„Eine Geschichte?“, fragt Max. „Erzählst du sie uns?“
Gärtner Huber schmunzelt. „Geschichten erzähle ich für mein Leben gerne. Also, hört zu:“

Die Sternenblumen (nach einer Pflanzenlegende)
Früher, vor vielen, vielen Jahren konnten die Menschen mit den Sternen (und auch mit Tieren und Pflanzen) sprechen. Die Sterne hatten für die Menschen immer ein offenes Ohr, egal, ob es um ernste, traurige, lustige oder glückliche Themen ging. Das war schön, doch die Menschen waren mit der Zeit immer mehr mit sich selbst beschäftigt und so sehr in Eile, dass sie nur noch wenig Zeit fanden, den Sternen zu lauschen. Irgendwann dann hatten sie es verlernt, und die Sterne standen unerreichbar weit weg oben am Himmel. Ab und zu vermissten die Menschen die Zwiesprache mit den Sternen und fühlten sich einsam.
Eines Tages fand ein Kind am Feldrand Blumen, deren Blüten wie Sternchen aussahen. Komisch, dachte das Kind, solche Blumen habe ich hier noch nie gesehen. Es betrachtete sie genauer und ihm war, als neigten sich ihm die Köpfe der Blüten entgegen, so als wollten sie etwas sagen. Da holte das Kind seine Eltern. Diese freuten sich: „Du hast Recht“, sagten sie. „Wie kleine Sterne sehen sie aus. Lasst sie uns Sternenblumen nennen!“
Da war ihnen auf einmal, als würden die Blumen sprechen: „Seht euch unsre Blütensterne an und spitzt die Ohren!“, sagten sie. „Wenn ihr Glück habt, könnt ihr unsere Sprache in euren Herzen hören, besonders bei Freud und Leid.“
Die Sternensprache hören? So wie früher? Die Menschen waren glücklich. Seitdem pflegen sie die Sternenblumen besonders gut und pflanzen sie im Herbst auf die Gräber ihrer toten Angehörigen. Das tröstet sie sehr.
Und so ist es bis heute geblieben. Wenn ihr jetzt die Friedhöfe besucht, werdet ihr auf vielen Gräbern Astern, so heißen die Sternenblumen, finden. Dann wisst ihr, dass die Menschen, die diese Blumen zum Friedhof gebracht haben, nicht mehr ganz so traurig sind. Weil die Sternenblumen ihnen nämlich tief in ihren Herzen Trost schenken.“

© Elke Bräunling


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Sternenblumen, Bildquelle © Antranias/pixabay

 

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