Uropas Weihnachten

Heiligabendgeschichte – Uropa erzählt aus seiner Kindheit im Advent. Und vom Weihnachtsfest

„Als ich ein kleiner Junge war“, erzählt Uropa, „war die Weihnachtszeit anders. Stiller als heute und sehr geheimnisvoll. Am ersten Advent holten wir im Wald Tannenzweige, Misteln, Tannenzapfen, getrocknete Beeren und Gräser. Damit schmückten wir das Haus. Mutter dekorierte unseren Waldschmuck mit Äpfeln, Bändern, Nüssen und Kerzen, und an die Haustür hängten wir einen Mistelzweig. Zum Mittelpunkt der Adventszeit aber wurde Mutters Adventskranz auf dem Küchentisch. Oft versammelte sich hier die ganze Familie. Wir redeten, sangen, bastelten und schmiedeten Pläne für die Weihnachtsferien. Ganz gemütlich wurde es, wenn Mutter Gewürznelken oder Tannenzweige auf den Ofen legte. Hm. Das roch fein. Manchmal gab es Bratäpfel oder eine Handvoll Weihnachtsplätzchen, die Mutter vor uns Naschkatzen versteckt hielt.
Schön war diese Zeit. Jeden Tag konnte man Weihnachten ein bisschen mehr riechen, überall raschelte es verräterisch, und die Spannung wuchs von Tag zu Tag.
Am Morgen von Heiligabend durften wir Vater in den Wald begleiten und den schönsten Tannenbaum aussuchen. Dann aber mussten wir warten, warten, warten. Die Wohnstube durften wir nämlich erst am Abend wieder betreten, wenn das Weihnachtsglöckchen ´Das-Christkind-war-da´ verkündete.
Wie sehr hatte sich unser Baum verändert! Geschmückt mit Äpfeln, Nüssen, Strohsternen, Plätzchen und Kerzen prunkte er in hellem Lichterglanz. Darunter stand die Weihnachtskrippe. Stumm vor Staunen starrten wir auf diese Pracht. Später las Großvater die Weihnachtsgeschichte, wir sangen Lieder, sagten Gedichte auf und schielten die ganze Zeit auf die Päckchen, die unter dem Baum auf uns warteten.
Endlich war es so weit, und Vater teilte die Geschenke aus. Wir freuten uns sehr, obwohl unsere Geschenke längst nicht so teuer und zahlreich waren, wie ihr es heute gewohnt seid. Ein Buch, ein Spielzeug, ein gestrickter Schal oder Pullover und ein Teller mit Plätzchen, Nüssen und Äpfeln für jeden von uns. Von Großvater bekam jedes Kind ein Fünfmarkstück, das wir hoch in Ehren hielten und lange aufsparten. Damals war das nämlich viel Geld.
Schnell verging der Abend mit Singen, Naschen und Spielen. Dann war es Zeit, in die Kirche zu gehen. Aus allen Richtungen kamen Leute durch den knirschenden Schnee, manche auf Schlitten, mit Laternen in den Händen. Schweigend und feierlich. In der Kirche war es wunderschön. Es roch richtig nach Weihnachten! Wir saßen im Dunkeln, vorne am Altar stand eine große Tanne mit leuchtenden Kerzen. Darunter die Krippe in vollem Licht. Festlich erklang die Orgel während der Messe. Zum Schluss sangen alle „Stille Nacht, heilige Nacht“, und jedes Jahr wieder kamen mir die Tränen, und ich wünschte, dass das Lied nie zu Ende ging. Alles kam näher: die Krippe, die Kerzen, das Kind im Stall, Sterne funkelnd hinter den Kirchenfenstern – eben Weihnachten …

© Elke Bräunling

Uropas Weihnachten, Bildquelle © 8moments/pixabay

 

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