Der kleine Engel und das Märchen

Einmal, als ich oben am Waldrand auf einem Baumstamm saß, über die spätherbstliche Landschaft blickte und ein bisschen träumte, zupfte mich plötzlich jemand am Haar. Ich erschrak zuerst ganz schön, dann blickte ich mich um. Hatte sich etwa ein Käfer oder eine Hummel in dieser kühlen Zeit im Jahr aus seinem Winterschlafversteck gewagt? Ich lauschte, doch da war kein Summen und Brummen. Nur so etwas wie ein Flüstern. Ein sehr leises Flüstern. Wieder sah ich mich um. Nein, da war niemand.
Wieder ziepte es, nun an meinem Ohrläppchen, und eine helle Stimme fragte:
“Kannst du mich denn nicht hören? Ich bin’s, das Märchen.”
“Das Märchen?” Ich schüttelte mich. Träumte ich das etwa gerade?
“Ja klar, ich bin ein Märchen. Wusstest du nicht, dass wir Märchen überall auf der Welt unterwegs sich auf der Suche nach Zuhörern?”
Ich schüttelte den Kopf. Nein, das wusste ich nicht. Aber vorstellen, ja, das konnte ich mir gut.
“Wir sind überall”, erklärte das Märchen mir. “Und nun will ich dir endlich meine Geschichte erzählen.”
“Dein Märchen vom Märchen?” Ich musste ein bisschen lachen und das Märchen lachte mit.
Und dann erzählte es mir die Geschichte vom Märchen, das einen kleinen Engel traf.
Es ist ein schönes Märchen und ich habe es gleich nach dem Heimkommen aufgeschrieben.
Wollt ihr es hören?

 

Der kleine Engel und das Märchen

Vom Märchen, das erzählt werden wollte
Oder: Als der kleine Engel ein Märchen traf

Als der kleine Engel eines Abends auf einem Ausflug zur Erde in einer kleinen Stadt landete, traf er ein Märchen. Das saß auf einem Zweig der Marktplatztanne, die mit vielen Lichtern und Glitzersternchen festlich geschmückt war, und wartete auf ein Menschenkind. Nicht abwarten konnte es, endlich ein Kind oder besser sehr viele Kinder zu treffen, hatte es doch sehr viel zu erzählen. Es war nämlich ein neues Märchen. Ein Weihnachtsmärchen, um genau zu sein. Ein wunderfeines, nigelnagelneues Weihnachtsmärchen.
„Hallo“, begrüßte es den kleinen Engel. „Bist du ein Menschenkind? Ich warte auf dich. Sehr lange schon.“
Der Engel schüttelte den Kopf. „Nein. Tut mir leid. Ein Menschenkind bin ich nicht. Ich bin ein Engel. Ein kleiner Engel noch, aber das sollte sich mit der Zeit ändern.“
„Dann bist du ein Engelkind. Wie wunderbar!“ Das Märchen freute sich. „Das passt. Auch auf Engelkinder könnte ich gewartet haben, denn was ich erzählen möchte, gefällt jedem Kind. Auch jedem Engelkind. Es ist nämlich für Kinder erdacht. Ich, das Märchen, bin für Kinder erdacht. Was sagst du?“
Der kleine Engel stutzte. Er verstand nicht, was das Märchen ihm damit sagen wollte.
„Ich schätze, es gibt keine Engelkinder. Jedenfalls habe ich noch keines getroffen und ich habe schon vie…“
„Kind ist Kind“, sagte das Märchen, das nun endlich sein Märchen erzählen wollte, schnell. „Und deshalb …“
„Halt! Halt ein“, unterbrach der kleine Engel das Märchen, das gerade mit dem Erzählen beginnen wollte. „Verschwende dein Märchen nicht an mich! Für die meisten Menschen bin ich nämlich oft selber eines. Daher lass uns lieber gemeinsam auf ein Kind warten, das an Märchen und an Engel glaubt!“
Er setzte sich zu dem Märchen auf den Zweig der Lichtertanne und dann warteten sie beide. Die Zeit wurde ihnen nicht lang, denn sie wussten einander viel zu erzählen.

© Elke Bräunling

Hier erzählt dir Regina Meier zu Verl das Märchen vom kleinen Engel. Habt Freude damit!

 

Auch hier geht es um ein ganz besonderes Weihnachtsmärchen: Das Weihnachtsmärchen und die Märchenfee

Aus dem Weihnachtsbuch “Der kleine Engel und das Weihnachtslicht” ❤️

BUCH: Der kleine Engel und das Weihnachtslicht: Märchen und Geschichten zur Weihnachtszeit *

HÖRBUCH: Der kleine Engel und das Weihnachtslicht – 24 Vorlesegeschichten im Advent (Märchen und Geschichten zur Weihnachtszeit) *

STREAM BEI SPOTIFY *

 

Die neuen Lieder zum Buch findest du zum Download hier oder zum Streamen hier bei Spotify!

* Affiliate Links

 


Märchenengel, Bildquelle © cegoh/pixabay

Meine Texte und die virtuelle Kaffeekasse

Kontaktieren Sie mich bitte, wenn Sie einen oder mehrere meiner Texte online oder printmäßig verwerten oder anderweitig publizieren möchten.

Und wenn Sie mir einen Becher Kaffee schenken möchten, einfach so, weil Ihnen die Geschichte gut gefallen hat, so freue ich mich sehr darüber. Herzlichen Dank! 💛

Vielleicht haben Sie Lust, mein Blog zu abonnieren?

So verpassen Sie keinen Beitrag mehr! Einfach Mail-Adresse eintragen, absenden und den Link in der Bestätigungsmail anklicken. Ich freue mich auf Sie! Auf Dich!