Oma Wolke und die faulen Früchte

Kindergeschichte vom Wert der Lebensmittel – Viele Früchte, die unter den Bäumen liegen, kann man noch essen

Oma Wolke war eine tolle Nachbarin. Mit ihr konnte man über alles reden und sie hatte auch fast immer Zeit für Pia und Pit. Oder etwas Leckeres zum Naschen. Oder beides. Manchmal konnte sie aber auch echt peinlich sein und dann ähnelte sie jenen altmodischen Omas, die man aus alten Büchern und Filmen kannte.
So auch heute. Auf ihrem Heimweg vom Sportplatz trafen die Geschwister die Nachbarin nämlich am Wiesenpfad, der vom Park hinter den Häusern an Wiesen und Feldern vorbei zur Siedlung führte. Unter einem Birnbaum stand sie und sammelte die verdorbenen und faulen Früchte auf, die im Gras lagen. Die legte sie in einen Korb.
Igitt! So peinlich war das! Die Birnen da auf dem Boden waren faul und voller Würmer. Dellen hatten sie auch. Vom Aufprall. Die konnte man doch nicht mehr essen.
„Was machst du mit den ollen, faulen Birnen, Oma Wolke?“, fragte Pia. „Die sehen ja voll kaputt aus.“
Pit nickte. „Das ist nur Abfall“, meinte er. „Für den Müll.“
Oma Wolke ließ sich nicht beirren.
„Redet nicht so viel! Helft mir lieber!“, sagte sie. „In den Müll kommt hier erst einmal gar nichts. Die stark angefaulten Früchte sind ein leckeres Mahl für die Wiesentiere, die besseren nehmen wir mit. Viele Birnen kann man noch gut verwerten. Man muss sie nur säubern und die faulen Stellen heraus schneiden. Ich werde aus ihnen ein feines Mus kochen und Saft pressen. Vielleicht backe ich auch einen Birnenkuchen. Den esst ihr doch gerne.“
„Ich esse keinen Müll“, sagte Pit. Er schüttelte sich. Nicht einmal daran denken mochte er.
Auch Pia zögerte. Oma Wolke hatte vielleicht Ideen! Nie würde sie Dinge essen, die wie Abfall auf dem Boden gelegen haben. Okay, Nüsse und Kastanien sammelte sie im Herbst auch auf, aber das war etwas anderes. Die hatten eine harte Schale und keine Faulstellen oder gar Würmer.
„Der Birnenkuchen mit den faulen Früchten schmeckt bestimmt nicht so lecker wie die tollen Kuchen und Torten, die du sonst backst“, meinte sie schließlich
Oma Wolke grinste. „Wetten, dass doch? Und wetten, dass gerade die Kuchen mit Fallobst besonders gut schmeckt?“
Dann erzählte sie den Geschwistern, dass sie im Sommer und Herbst die meisten ihrer Obstkuchen mit Früchten backte, die sie zuvor vom Boden aufgelesen hatte.
„Sie schmecken etwas süßer und reifer als die Früchte vom Baum, die oft schon grün und hart geerntet werden und ohne Sonne nachreifen. Die hier duften köstlich. Nach Morgentau, Spätsommer, Rosenblüten und Vanille.“ Sie hielt eine Birne mit einer kleinen, runden Faulstelle vor Pias Nase. „Schnupper mal!“
„Hm. Die riecht nach Herbst“, meinte Pia. „So ein bisschen zu reif, fast faul.“
Oma Wolke nickte.
„Stimmt. Sie duftet genau richtig für einen echten Birnenvanillekuchen auf bretonische Art. Ihr werdet sehen. Er wird euch schmecken.“
„Na ja.“ Die Geschwister sahen sich voller Zweifel an. Dann aber halfen sie doch Oma Wolke, die restlichen Birnen einzusammeln und nach Hause zu tragen. Sie halfen auch später beim Backen und beim Essen. Und ja. Oma Wolke hatte recht gehabt: Dieser bretonische Birnenvanillekuchen mit Fallobst-Früchten schmeckte fein, herrlich fein, wie alle Kuchen aus Oma Wolkes Backstube. Nach Sommer und Herbst gleichzeitig, ein bisschen auch wie ein Urlaub am Meer. Und nach Birnen natürlich. Birnen, die sich freuten, köstlich schmecken zu dürfen und nicht im Müll landen zu müssen.

© Elke Bräunling

Lies dazu auch die Geschichte Oma Wolke und die Schätze der Natur und das Gedicht Bei Oma im Herbst

Im Obstgarten, Bildquelle © jill111/pixabay

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