Als Papa Jule einen Stern schenkte

Sommergeschichte – Mittsommerausflug mit Papa mit Staunen, Sternen und Glühwürmchen

„Ich schenke dir einen Stern“, sagte Papa zu Jule. Dabei lachte er.
Jule war glücklich. Schon lange hatte Papa nicht mehr so fröhlich gelacht. Ein Lachen, das auch die Augen erreichte und die kleinen Fältchen um die Augenwinkel zum Tanzen brachte. Jule liebte es, denn es war echt. Wenn Papa so lachte, war keine Schauspielerei darin versteckt. Er lachte, weil er glücklich oder fröhlich war, und nicht, weil er Jule trösten oder ihr ein ‚Alles-ist-in-Ordnung-es-geht-mir-gut‘ vorgaukeln wollte. Viel zu lange hatte er dies nämlich getan. Wegen Mama, die
lange krank war, und wegen seinem verlorenen Job. Diese schlimmen Zeiten aber waren nun vorbei. Mama würde bald aus der Kur heimkehren und eine neue Arbeit hatte Papa auch wieder gefunden. Eine, die ihm Spaß machte.
„Heute ist ein Freudentag, mein Julemädchen“, rief Papa, als er von der Arbeit nach Hause kam. Er fasste Jule bei den Händen und wirbelte sie durch die Luft. „Mach dich hübsch! Ich spendiere dir ein großes Eis im Parkcafé. Und später, wenn es dunkel ist, pflücke ich dir einen Stern vom Himmel.“
Jule kicherte. „Kann man Sterne pflücken wie Blumen?“, fragte sie.
„Und ob!“, rief Papa. „Wenn man glücklich ist, kann man fast alles tun, auch wenn es noch so verrückt klingt. Du wirst schon sehen.“ Er lachte wieder. „Komm, meine kleine Jule, lass uns etwas Verrücktes tun!“
Etwas Verrücktes tun? Dafür war Jule immer zu haben.
Und es wurde auch ein verrückter Abend im Park. Es war noch lange hell, und bis die ersten Sterne am Himmel aufblinkten, war genug Zeit für eine Portion Reibekuchen mit Apfelmus und für ein großes Eis. Es war auch noch Zeit, den Parksee zu umrunden, Enten zu füttern und zu fotografieren, am Spielplatz um die Wette zu schaukeln und noch einmal ein Eis zu essen. Als sich die Sonne endlich vom Himmel verabschiedete und die Dämmerung mit langen Schatten durch den Park schlich, legten sich Jule und Papa auf dem großen Wiesenhügel ins Gras. Von hier aus konnte man besonders viel Himmel sehen. Und Sterne.
Und die blinkten nun auch langsam am Himmel auf. Einer nach dem anderen. Erst blass, dann heller und strahlender.
Es machte Spaß, auf der Wiese zu liegen und in den Himmel zu gucken. Und bei jedem neue Stern, den sie entdeckten, fragte Papa:
„Ob das wohl Ihr Stern sein mag, gnädiges Fräulein? Darf ich ihn Ihnen hübsch verpackt und mit einem Schleifchen geschmückt als Geschenk überreichen?“
Und jedes Mal musste Jule kichern. Wegen dem ‚gnädigen Fräulein‘.
„Oh nein, mein Herr“, sagte sie dann. „Dieser Stern ist klein. Suchen Sie mir bitte einen anderen aus.“
„Sehr wohl, gnädiges Fräulein. Sehr wohl.“
Papa suchte viele Sterne für Jule, doch jedes Mal fand Jule einen Grund, warum gerade der Stern nicht der passende sein könnte. Und Jule fand viele Gründe. Und der Hauptgrund war der, dass Jule am liebsten die ganze Nacht mit Papa in den Sternenhimmel gucken wollte.
„Oh!“, sagte Papa da auf einmal. „Ich glaube, gerade ist ein Sternchen, ein klitzekleines, vom Himmel gefallen und direkt zu uns in den Park gehüpft. Siehst du es?“
Er deutete auf ein kleines, golden funkelndes Pünktchen, das an ihnen vorbei über die Wiese tänzelte und in die Krone der Parklinde eintauchte.
„Oh!“, rief auch Jule. „Wie schön es ist, mein kleines Funkelsternchen. Und sieh nur, es hat seine Freunde mitgebracht. Sternenfreunde. Ganz viele sind da auf einmal. Sie tanzen in der Luft. Danke, Papa, das sind die schönsten Sternchen auf der Welt.“
Und während Papa „Glühwürmchen. Hier gibt es tatsächlich Glühwürmchen! Das glaubt mir keiner“, murmelte, kniff sich Jule fest in den Arm. Sie musste schließlich prüfen, ob er auch wirklich kein Traum war, der Tanz der kleinen Sommersternchen.

© Elke Bräunling

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Abends im Park, Bildquelle © CITYEDV/pixabay

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