Auf der Schlüsselblumenwiese
Umweltgeschichte im Frühling – Wenn die Schlüsselblumen blühen, ist der Frühling endlich da
Heute ist Wandertag. Seit Tagen hat sich die Klasse 2b darauf gefreut. Zur Schlüsselblumenwiese, die eigentlich Kahlburgwiese heißt, soll es gehen. Das ist eine besonders schöne Wiese mit vielen seltenen Blumen und Tieren, die in einem stillen Seitental fern von der Waldstraße neben der alten Burgruine ‚Kahlburg‘ liegt. Die Kinder wollen nachsehen, ob die Schlüsselblumen schon blühen. Die Leute in der kleinen Stadt sagen nämlich jedes Jahr aufs Neue: „Erst wenn auf der Schlüsselblumenwiese die Schlüsselblumen blühen, ist der Frühling endlich da.“
Ja, und so will die 2b heute nach dem Frühling Ausschau halten. Außerdem hat ihnen Frau Schäfer ein Grillwürstchenfest versprochen. Nichts schmeckt besser als Würstchen, die man auf Zweige gespießt ins Feuer hält, und noch besser schmeckt es, wenn man dieses Grillfeuer an der Feuerstelle in der Kahlburgruine entzünden darf.
„Damit“, flüstert Max unterwegs. „Vertreiben wir die allerletzten Wintergeister.“
„Und die Burggeister“, fügt Lisa hinzu.
„Auch das Gespenst von Ritter Klapperkahl?“, fragt der dicke Robin ängstlich.
„Auch das!“, lacht Timo. „Aber das verschwindet nur, wenn du ihm deine Würstchen schenkst. Hoho!“
Lachend und johlend kommen die Kinder mit Frau Schäfer nach einem Zweistundenmarsch auf der Schlüsselblumenwiese an. Aber was ist das?
Die Kinder erschrecken. Die Schlüsselblumen blühen noch nicht. Auch spuken keine Geister über die Wiese. Viel schlimmer: Jemand hat hier ein Mofa, Autoreifen, Werkzeug, Ölkanister, Matratzen, Gartenmöbel, Mülltüten und noch mehr alten Krempel abgestellt. Mitten auf die Blumen und Gräser. Schlimm sieht das aus.
Die Kinder sind den Tränen nahe.
„Gemeinheit!“, brüllt Timo. „Die Wiese ist doch keine Müllhalde!“
„Wer macht so etwas?“, schimpft Max.
„Verbrecher!“, ruft Lisa.
Wild schimpfen alle durcheinander. Nur Frau Schäfer schweigt. Sie ist ganz blass.
„Arme Wiese“, sagt Anna leise. „Seht, wie die Blumen und Gräser zerdrückt sind!“
„Und aus den Kanistern ist Öl geflossen. Ganz schwarz ist der Boden hier“, ruft Jan.
Einige Kinder fangen an zu weinen. “Muss nun unsere Schlüsselblumenwiese sterben?”
Frau Schäfer ist nun nicht mehr blass. Nein, wutrot ist sie geworden.
„Wenn ich die erwische, die das getan haben! Die werde ich…“ Sie zückt ihr Handy und schimpft laut in den Hörer hinein.
Uih, so böse hat Frau Schäfer noch nie geschimpft. Aber recht hat sie, und die Kinder lassen sie erst einmal tüchtig ausschimpfen.
„Helft ihr mir beim Aufräumen?“, fragt sie schließlich, nachdem sie sich ein wenig beruhigt hat.
„Klar!“, rufen alle wie aus einem Mund. Dann machen sie sich ans Werk und räumen die Wiese auf. Den Abfall häufen sie am Rande des Waldweges zu einem Müllberg zusammen. Ein schweres Stück Arbeit ist das, und alle sind müde, als sie fertig sind.
„Jetzt ist alles wieder sauber“, sagt Lisa.
„Falsch.“ Max deutet auf die Ölflecken im Boden.
„Wie kriegt man die Erde sauber?”, brummt Robin. „Bleibt das Öl nun für immer im Boden?“
„Nur, wenn keiner etwas dagegen tut“, antwortet Frau Schäfer. “Aber ich habe vorhin im Rathaus angerufen und die Sache gemeldet. Fachleute werden kommen und sich das hier ansehen. Und den Müll nehmen sie auch gleich mit.“
„Das ist gut.“ Die Kinder sind erleichtert. Zum Würstchengrillen, Geister jagen und Feiern aber haben sie keine Lust mehr. „Erst wenn die Wiese wieder sauber ist“, sagen sie.
Frau Schäfer nickt. „Dann warten die Würstchen in der Tiefkühltruhe noch ein wenig. Aber wenn die Wiese sauber ist, feiern wir ein großes Fest. Einverstanden?“
„Einverstanden“, rufen die Kinder.
© Elke Bräunling
Auf der Schlüsselblumenwiase, Bildquelle © foto-augenblick/pixabay