Adventskalender *12* Was ist schon Weihnachten?
12. Kapitel
Was ist schon Weihnachten?
„Verflixt!“, heulte Anna.
Sie war wütend. Und vor lauter Wut vergaß sie, traurig zu sein. Sollte Mama doch in der Küche sitzen und heulen! Ja, und sollte Papa durch die Gegend fahren und vor sich hin schimpfen! Sollten sie doch! Wenn sie auch immer streiten mussten! Nein, Anna hatte kein Mitleid mit ihren Eltern.
„An uns“, sagte sie zu Flöckchen, „denken die wieder einmal nicht. Den ganzen Sonntag haben sie uns vermasselt. Sie sind gemein. Und überhaupt: Auf Weihnachten habe ich nun keine Lust mehr. Was ist schon Weihnachten, wenn sich alle nur streiten?“
Verdrossen starrte sie auf die beiden Adventskalender an der Wand. Ihr war, als grinste sie der Weihnachtsbaum aus dem Glitzerschokoladenkalender hämisch an.
„Bäh!“, machte Anna und streckte die Zunge heraus. Sie mochte diesen Weihnachtsflimmer nicht mehr sehen. Als ob die Welt immer so glitzerglimmerfreundlich wäre! Blödsinn.
„Bäh!“, grunzte Anna noch einmal, und dann musste sie lachen.
Sie nahm den Kalender von der Wand und pulte die restlichen Schokostückchen hinter den Fenstern hervor. Dann rubbelte sie die Glitzerfläche ab. Eine silberhelle Wolke schwebte auf Flöckchens Kopf.
Nun hatte Flöckchen eine silberne Nase.
„Jetzt bist du ein Weihnachtshund“, sagte Anna zärtlich.
Flöckchen schien sich nicht viel daraus zu machen. Er schüttelte sich und schielte auf die Schokoladenstückchen, die auf dem Tisch lagen.
„So!“, sagte Anna und hängte den Kalender an die Wand zurück. „Schluss mit dem Weihnachtsflimmer. Ätsch.“
Dann zog sie Papas Butzenscheiben-Kalenderhaus zu sich heran.
„Jetzt bist du dran“, sagte sie drohend und nahm einen schwarzen Filzstift. „Das Licht dort im Fenster unten rechts muss weg. Es macht das Bild zu hell. Ja, weg mit all dem blöden Weihnachtskram!“
Anna presste die Lippen aufeinander und machte sich ans Werk. Nichts sollte mehr an Weihnachten erinnern.
Sie wollte mit dem Kritzeln beginnen. Da fiel ihr Blick auf die Kinder im Kalenderbild, ein Mädchen und ein Junge.
„Ihr habt auch nichts zu lachen“, murmelte sie. „Ihr müsst euch so sehr mit euren schweren Körben abschleppen!“
Nachdenklich betrachtete sie die beiden. Besonders gut schien es ihnen nicht zu gehen. Ihre Schultern waren krumm vom Gewicht der Körbe. Bestimmt mussten sie viel arbeiten. Und dann ihre seltsamen Klamotten! Die sahen so altmodisch aus und arm. Es waren eigentlich gar keine Kleider, sondern dunkle Wolltücher, in die sie sich einhüllten. Und Schuhe hatten sie auch keine rechten. Sie trugen Holzschuhe. Und das bei dem vielen Schnee! Da mussten sie ja eisig kalte Füße haben!
Anna hatte Mitleid mit den beiden. Ob sie sich auf Weihnachten freuten? Und ob ihre Eltern auch immer stritten?
© Elke Bräunling
Wie die Geschichte weiter geht, erfährst du morgen am 13. Adventskalendertag im nächsten Kapitel, und zwar hier:
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