Adventskalender *16 * Ihr habt es gut

16. Kapitel

Ihr habt es gut

„Hallo“, sagte Anna leise.
„Da sind wir wieder“, rief Frederik.
„Und das ist Anna“, stellte Mariele vor.
„Sie ist nass und ihr ist kalt“, rief der Vater. „Gib ihr einen heißen Tee oder eine Suppe!“
„Nass und kalt?“ Die Mutter ging mit schnellen Schritten auf Anna zu, nahm sie am Arm und führte sie zum Feuer. Dort zog sie ihr die nassen Kleider aus und sagte: „Armes Kind!“
Ehe sich Anna versah, saß sie in ein warmes Tuch gehüllt mit Mariele und Frederik auf der Holzbank und schlürfte süßen heißen Tee.
„Lindenblütentee“, sagte Oma Liese, „mit Honig. Da wird euch schnell wieder warm.“
Und Anna fühlte sich warm. So warm hatte sie sich lange nicht mehr gefühlt.
„Ihr habt es gut“, sagte sie ein bisschen neidisch und blickte sich um. „Es ist so schön hier.“
„Schön?“ Die Mutter lachte auf. „Wir sind nur arme Weinbauersleute. Du bist bestimmt Besseres gewohnt, da, wo du herkommst und wo man solche Kleider trägt.“
Sie strich über Annas nasse Jeans und hängte sie vorsichtig zum Trocknen auf.
„Wirklich, seltsame Kleider“, murmelte sie.
Frederik nickte. „Sag, wo kommst du denn nun her?“
„Und wo kleidet man sich so komisch?“, fragte Mariele.
Anna überlegte krampfhaft. Was sollte sie antworten?
„Man könnte meinen, du stammst aus einer fremden Welt weit weg von uns“, meinte Frederik nachdenklich.
„Hm!“ Anna schwieg.
Es stimmte. Sie lebte in einer anderen Welt. Aber wie sollte sie das erklären?
„Aus Frankfurt“, sagte sie endlich. „Wir kommen aus Frankfurt.“
„Frankfurt?“, meinte der Vater. „Das ist aber weit weg. Bist du diesen weiten Weg ganz alleine gegangen?“
„N-n-nein“, stotterte Anna und deutete auf Flöckchen, der es sich vor dem Feuer gemütlich gemacht hatte und nach den duftenden Töpfen schielte. „Flöckchen hat mich begleitet.“
„Aha“. Der Vater nickte. „Flöckchen! Hoho. Das ist ja eine Überraschung. Ein kleines Mädchen in seltsamen Kleidern und ein Hund, der wie ein Schaf aussieht. Und beide kommen sie von weither. Alleine. Mitten im Winter.“ Er schüttelte den Kopf. „Es geschehen schon merkwürdige Dinge.“
Anna musste fast grinsen. Ja, wirklich merkwürdig, dachte sie.
„Und warum bist du hierher gekommen?“, fragte Frederik.
Anna zuckte mit den Schultern. „Wo bin ich hier eigentlich?“, fragte sie.
„In Schlettstadt“, erklärte der Vater. „Oder Sélestat, wie es jetzt heißt. Aber …“
„Nun lasst das Mädle in Ruhe“, knurrte Oma Liese endlich. „Sie sieht müde aus.“
„Und hungrig.“ Die Mutter stellte eine große Schüssel mit Suppe auf den Tisch und drückte jedem einen Löffel und eine Scheibe Brot in die Hand.
„Da, esst erst einmal! Und dann ist Zeit zum Schlafengehen.“
Anna hatte Hunger. Die Suppe schmeckte gut. Und es machte Spaß, gemeinsam aus einer Schüssel zu essen.

© Elke Bräunling

Wie die Geschichte weiter geht, erfährst du morgen am 17. Adventskalendertag im nächsten Kapitel, und zwar hier:

 

 

 

 

 

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