Der kleine Igel und der große Hunger

Igelmärchen zum Ende des Sommers – Nun ist es Zeit, auf Vorrat zu futtern. Das weiß auch der kleine Igel

“Essen! Ich muss essen! Ganz viel und noch mehr”, brummt der kleine Igel, während er zur Waldwiese trippelt. “Groß und stark muss ich werden, weil ich noch klein und schwach bin, sagen die Waldtiere. Und weil die dunklen, kalten Tage immer näher kommen. Ganz schön anstrengend ist das! Immer essen, essen …“
Wieder und wieder murmelt der kleine Igel diese Worte vor sich her. Mit dem Murmeln macht er nur eine Pause, wenn er etwas Essbares aufgespürt hat. Dann nämlich braucht er seinen Mund zum Kauen und Schlucken.
Da! Er hat ein Büschel Beeren entdeckt. Süße, rote Walderdbeeren. Die letzten in diesem Herbst. Eilig vertilgt er Beere um Beere. Hm!!! Sie schmecken köstlich.
“Danke, ihr Beeren!”, sagt er zwischen Schmatzen und Schlucken und Kauen und Schnaufen. “Hm! Lecker. Süß. Fein. Und jetzt habe ich Appetit auf ein leckeres Stück Fleisch. Oh! Wo finde ich ein großes Stück Fleisch?”
Suchend sieht er sich um.
“Ich bin kein Fleisch, hörst du, kleiner Igel?”, sagt der schwarze Waldkäfer schnell.
“Wir sind es auch nicht, sind es auch nicht”, rufen die Ameisen im Chor. Sie rufen es laut, schrill und ängstlich.
“Wir sind nur Mücken”, erklären die Waldmücken. “Mit einem großen Stück Fleisch können wir nicht dienen.”
“Ich bin eine Maus. Eine Feld-Wiesen-Waldmaus. Nichts weiter”, ruft die Maus. “Fleisch hat kein Mausefell. Oh nein!”
“Und ich bin ein Fisch”, sagt der Fisch im Waldsee. “Und ein Fisch ist ein Fisch und kein Fleisch. Das weiß ich von den Menschen, die manchmal mit ihren langen Stöcken, die sie Angeln nennen, hier sitzen. Du hast Pech, kleiner Igel.”
“Igel-Pech, ja, das hast du!”, röhrt der Frosch vom sicheren Seeufer herüber. “Frosch ist nämlich fast wie Fisch.”
“Na, erlaube mal”, wehrt sich der Fisch, doch er schweigt gleich wieder. Bei Gefahr muss man zusammenhalten.
Ein bisschen empört starrt der kleine Igel die Waldtiere an.
“Ich will ja nicht euch essen!”, ruft er in die Waldwelt hinein. “Ihr seid meine Freunde. Nein, ich suche nur ein großes Stück Fleisch. Fleisch, so habe ich von den Menschen gelernt, die hier manchmal Rast machen, macht stark und kräftig. Das will ich werden. Für den Winter.”
“Dann ist es ja gut”, sagt die Schnecke und beeilt sich, unter den rettenden Stein zu schlüpfen. Sicher ist sicher.
Das denkt sich auch der Regenwurm. Schnell ringelt er sich in den schützenden Bauch eines Apfels, der in der Nacht vom Baum gefallen ist.
“Nein”, sagt der kleine Igel. “Vor mir und meinem Hunger muss sich keiner fürchten und auf Fleisch habe ich jetzt auch gar keinen Appetit mehr. Aber hungrig bin ich schon.“
Er tappt zu dem Apfel hinüber, beißt in das süße Fruchtfleisch und schreit auf.
Auch der Wurm im Apfel schreit.
Wer von beiden lauter geschrien hat, kann keines der Waldtiere sagen. War es der ängstliche Wurm im Apfel oder der kleine Igel mit dem großen Hunger auf Fleisch?

© Elke Bräunling

 

Hier erzählt dir Regina Meier zu Verl diese Geschichte

 


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Igelhunger, Bildquelle © Alexas_Fotos/pixabay

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