Als der Faschingskrapfen auf Reisen ging
Kindergeschichte in der Faschingszeit – Weil Bäcker Meier in der Backstube einschläft, macht sich der große Faschingskrapfen selbständig und geht auf Reisen zu den Vögeln im Wald
Bis tief in die Nacht hatte Bäcker Meier Fasching gefeiert. Nun war er müde. In der Backstube aber wartete die Arbeit auf ihn. Gähnend rührte er also wie jeden Morgen früh um drei Uhr Teig an für Brote und Brötchen.
“Während der Teig geht, könnte ich eine Weile dösen”, murmelte er, doch da fiel ihm der Faschingskrapfenauftrag ein. Acht Körbe Krapfen sollte er für den Faschingsumzug backen.
Seufzend schüttete Bäcker Meier die Backzutaten in seine größte Teigschüssel und gab, weil er so müde war, versehentlich die doppelte Menge Hefe in den Teig. Er knetete ihn tüchtig und deckte ihn mit einem Tuch zu, damit der Teig gut “gehen” konnte.
“Geh schnell!”, brummte er. “Schneller als sonst. Ich bin müde.”
Schneller?, dachte der Teig. Nichts leichter als das.
Und während Bäcker Meier die Friteuse anheizte, wuchs der Teig immer mehr an. Fast schon doppelt so hoch wie die Schüssel war er geworden und konnte es kaum erwarten, zu vielen kleinen Faschingskrapfen geformt zu werden. Doch Pustekuchen! Bäcker Meier saß an der Friteuse und schnarchte laut vor sich hin. Der Teig aber ging und ging. Längst lief ein Teil davon über die Schüssel und kroch auf die Friteuse zu. Und weil Bäcker Meier immer noch schlief, ließ sich der Teig einfach als dicker Klumpen in die Friteuse fallen, wo er sich hin und herdrehte. Prall, rund und goldbraun sprang er schließlich aus seinem fettigen Bad und rollte durch die Backstube hinaus auf den Hof.
Draußen lag eine dünne Schneeschicht, und nach wenigen Metern sah der Krapfen aus, als sei er mit Puderzucker verziert. Das gefiel ihm. Mit einem Hüpfer sprang er auf die Straße und rollte an einigen Faschingsnarren vorbei weiter und immer weiter.
“Ein Faschingskrapfen!”, rief ein Clown. “Fein. Ich bin hungrig.” Weil er aber zu heftig gefeiert hatte, schaffte er es nicht, die leckere Krapfenköstlichkeit einzufangen.
“Mich isst keiner auf!” Der Krapfen lachte und rollte schnell aus dem Dorf. Immer weiter ging die Reise. Er war glücklich.
“Wie ist es schön, ein Riesenkrapfen zu sein!”, rief er und machte voller Übermut einen Schlenker.
Plumps! fiel er über die Böschung und landete nach einer Schussfahrt über eine steile Wiese am Rande eines Wäldchens.
Ein guter Platz zum Ausruhen, dachte er. Es gefiel ihm hier, und auch die Vögel, die zögerlich angeflogen kamen, mochte er leiden. Er wehrte sich auch nicht, als es einige von ihnen wagten, ihn sanft anzuknabbern.
“Wie schön, dass du gekommen bist”, sagten sie. “Der Winter ist so lang, und wir sind hungrig.”
Da freute sich der Krapfen. Außerdem kitzelte es so schön, wenn die kleinen Vogelschnäbel an ihm pickten. So lag er den ganzen Tag auf der Wiese, und viele Vögel aßen sich an ihm satt. In der Nacht aber spürte der Krapfen verwundert, wie sein Körper wieder heil wurde. Auch die Vögel staunten, als sie ihn am nächsten Tag besuchten. Dick und prall lag der Krapfen wieder vor ihnen und bot viel Nahrung für ihre hungrigen Mägen. So blieb es auch. Am Tage aßen sich die Tiere satt, in der Nacht wurde der Krapfen wieder dick und prall.
Noch lange nach Fasching lag er auf der Wiese und hatte viel Spaß mit den Vögeln. Erst als der Frühling Einzug hielt, verschwand er über Nacht. Und das war gut so, denn die Vögel waren nun damit beschäftigt, Nester zu bauen und Liebeslieder zu singen.
© Elke Bräunling
Fastnachtskrapfen, Bildquelle © Couleur/pixabay