Der Herbst auf dem Dach

Kindergeschichte zum Herbstbeginn – Mit der Fantasie ist es oft so eine Sache

„Der Herbst ist heute Nacht gekommen“, sagt Nele beim Frühstück. „Mit einem lauten Plumps ist er auf dem Dach gelandet und hat gelacht. Dann hat er sich neben den Schornstein gelegt und zu einer Kugel zusammengerollt. Dort liegt er nun und schläft.“
Joshua verschluckt sich fast an seinem Käsebrot. „Boah Nele! Was bist du doch eine Märchentante! Das ist Quatsch. Der Herbst ist eine Jahreszeit. Er hat keine Beine, um auf Dächern herumzuspazieren.“
„Ist er ja auch nicht“, erwidert Nele entrüstet. „Du musst richtig zuhören: Er ist geplumpst!“
„Und das hast du gesehen?“
„Nein. Gehört. Und der Sommer, der hat sich auf den Rücken einer Wolke gesetzt. Auf eine Storchenwolke, und mit der ist er davon geflogen. Er hat auch gelacht.“
„Unterwegs hat er sicher den Frühling getroffen und dann haben sie zusammen Kaffee getrunken, oder? Nele, du bist unglaublich.“ Joshua tippt mit dem Zeigefinger an seine Stirn.
„Nein. Den Frühling nicht.“ Nele grinst und breitet die Arme weit aus. „Aber den großen Himmelsdrachen. Der nämlich ist ein Neffe des Herbstes.“
Joshua sieht seine Schwester verwundert an. Irgendwie klingt das spannend, was sie erzählt und nun will er es genauer wissen.
„Wie sieht er denn aus, der Herbst und der große Himmelsdrachen?“, fragt er.
„Gelb“, antwortet Nele. „Und braun und grün und auch ein bisschen rot. Er hat zwei schief sitzende Augen, die wie Wolken aussehen, und einen Blitzpfeil als Nase. Und er trägt ein Lachen im Gesicht.“
„Wer? Der Herbst oder dieser komische Drache?“
Joshua lässt nicht locker. Er kann so hartnäckig sein. Nele hat keine Lust mehr, von ihrem Traum zu erzählen. Das ist sowieso blöd, denn jeder träumt sich seine Bilder anders. Nur begreift Joshua das nicht. Keiner versteht es so richtig.
„Ich habe eine Idee!“ Joshua nimmt Nele an die Hand. „Komm, wir gehen in den Schuppen. Wir bauen einen Drachen, denn wenn der Herbst schon auf dem Dach angekommen ist, dann wird es sicher bald Wind geben und das Feld ist ja auch schon abgeerntet. Wir beide sind dann vorbereitet und lassen unseren Drachen steigen. Was meinst du?“
Gute Idee. Nele lacht. So ist das mit ihrem großen Bruder. Mit Träumen und all diesen Dingen, die man nicht unbedingt sehen kann, hat er nichts am Hut. Aber Basteln und Bauen, das kann er wie ein Weltmeister.
„Guck mal, wie schön er ist!“, schwärmt Joshua später, als der Drachen fertig ist. Nun freuen wir uns auf den Herbstwind und dann lassen wir ihn steigen. Vielleicht trifft er am Himmel ja deinen Himmelsdrachen. Das wäre doch schön.“
Vielleicht hat er doch etwas verstanden, der Joshua. Nele ist jedenfalls versöhnt. Toll ist es, einen großen Bruder zu haben.

© Elke Bräunling & Regina Meier zu Verl


Träumerin, Bildquelle © Pezibear/pixabay

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