Das Eichhörnchen und der kleine Frost

Tiergeschichte im Spätherbst – Hat der Winterschlaf schon begonnen und wo stecken die Tiere?

Es war ein kalter Morgen und es roch irgendwie anders als sonst. Gerade lichteten sich die Nebel und Sonnenstrahlen ließen die welken Gräser auf der Waldwiese golden leuchten. Schön sah das aus!
Das kleine Eichhörnchen staunte.
„Das muss ich meinen Freunden zeigen!“, sagte es voller Freude. „Aber wo stecken sie nur. Hey, ihr! Guckt mal, wie schön die Welt ist!“
Es bekam keine Antwort. Komisch.
„Huhu, wo seid ihr?“, versuchte es noch einmal sein Glück.
Stille. Da war keiner, der ihm eine Antwort geben konnte. Nur der Wind hatte Mitleid mit dem einsamen Eichhörnchen. Sanft fuhr er mit einer Herbstwindbrise durch die Kronen der Bäume und schubste bunte Blätter, Eicheln, Kastanien und Bucheckern von den Zweigen. Ringsum plumpsten die letzten Waldfrüchte mit Plopps und Plapps und Knacks zu Boden. Was für ein reiches Geschenk!
„Danke, Herbstwind! Du bist sehr nett“, rief das kleine Eichhörnchen. „Aber sag, weißt du, wo meine Freunde, die Waldwiesentiere, stecken?“
„Familie Igel ist mir vorhin begegnet, als ich in einen Laubhaufen gepustet habe. Vater Igel war verärgert, er hat mich beschimpft, weil er probeschlafen wollte!“, hauchte der Wind vorsichtig. Er mochte nicht noch ein Tier verärgern. Manchmal gingen die Gefühle mit ihm durch und dann sauste er über den Boden, die Bäume und durch die Luft. Huiiiiii!
Das kleine Eichhörnchen wunderte sich.
„Probeschlafen? Was ist das?“, fragte es den Wind. „Schlafen ist doch langweilig und ich … Hey, Wind, bist du noch da?“
Der Wind aber war weiter gezogen über die Wiese.
„Tss! So etwas Blödes aber auch!“ Das Eichhörnchens begann sich zu ärgern und laut brüllte es seinen Ärger in den Wald hinein:
„Probeschlafen! Was ist das? Huhu! Hört mich denn keiner?“
Schrill klang dieses Brüllen und meckernd und so laut, dass es alle hören mussten.
„Hey ho! Was brüllst du hier im Wald herum? Es ist bald Winterzeit. Da brüllt man nicht!“, ertönte ein ärgerliches Schimpfen vom großen Felsen her.
„Darf ich da nicht mehr meckern? Und warum sagt mir das keiner?“, rief das Eichhörnchen, ein bisschen leiser nun, zurück.
„Im Winter wird alles ein wenig ruhiger und jetzt sei still, ich muss mich konzentrieren!“, antwortete die fremde Stimme.
„W-wer bist du? Ich kann dich nicht sehen!“
Das kleine Eichhörnchen schaute und schaute, aber da war wirklich niemand beim Felsen. Kein Tier und auch kein Mensch. Ob es nicht doch besser das Weite suchen sollte?
„Streng dich nicht an!“, klirrte die Stimme. „Du kannst mich nicht sehen. Keiner kann das. Aber fühlen, das kannst du mich. Ich bin der kleine Frost. Der erste kleine Frost, um genau zu sein.“
Frost? Davor hatten die Eltern mit warnenden Stimmen gesprochen. Das kleine Eichhörnchen erschrak. Nichts wie weg!
Schnell wie der Wind sauste es zu seinem Kogel in der großen Buche. Wie gut, dass es hier alles fein ausgepolstert hatte, so dass dieser seltsame Kerl, der sich Frost nannte, ihm nichts anhaben konnte. Bestimmt würde er gleich da sein.
„Jetzt weiß ich, wo meine Freunde sind“, murmelte es. „Sie liegen in ihren Schlafhöhlen und warten, dass der Frost weiter zieht. Das wird dieses Probeschlafen sein.“
Es war war zufrieden, dass es nun Bescheid wusste, und versank für ein paar Tage in einen tiefen Schlaf.

© Elke Bräunling


Es wird kühler, Bildquelle © manfredrichter/pixabay

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