Tante Milas tolle Idee

Kindergeschichte – Wie meine coole Tante Mila ihr Leben änderte

“Du bist verrückt!”, sagte Mama zu Tante Mila. “Hast du wirklich vor, eine Hungerkünstlerin zu werden?”
“Wie kannst du in deinem Alter so leichtsinnig sein?”, brummte Opa. “Es wäre ja nicht das erste Mal, dass du in eine Sackgasse tappst.”
“Ist es Torschlusspanik?”, erkundigte sich Papa und Oma schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
“Hört es denn nie auf, dass wir uns Sorgen um dich machen müssen?”, klagte sie. “Ach, man kommt nie zur Ruhe mit dir.”
Laut und heftig ging es an jenem Sonntagnachmittag, der ein gemütliches Familientreffen bei Kaffee und Kuchen hätte sein sollen, plötzlich zu.
Ich verstand die Aufregung nicht. Es war doch toll, dass Tante Mila so viele Ideen und Pläne hatte. Und eine gute Idee, finde ich, darf nicht zu Seite gelegt und vergessen werden, nur weil man nicht sicher weiß, ob sie auch funktionieren wird. Man stelle sich vor, all die Erfinder und Künstler hätten ihre neuen Einfälle nicht beachtet, weil man damit erst mal nur wenig oder vielleicht sogar gar kein Geld verdienen kann. Nein, daran mag ich gar nicht denken. So vieles gäbe es in unserem Leben dann nämlich nicht. So viel Wichtiges und Nützliches und Schönes.
Mama, Papa, Oma und Opa aber schienen daran nicht denken zu können. Und immer, wenn es um Dinge geht, die sie nicht begreifen oder die unüblich sind, fangen sie an, von diesem “man” zu sprechen, wer oder was immer das auch sein mag.
“Man wirft nicht seinen sichern Job wegen einer Schnapsidee weg!”, schimpfte Opa.
“Man kann nicht die Welt auf den Kopf stellen!“, sagte Mama. “Schon gar nicht, wenn andere sich dann Sorgen machen müssen.”
“Man sollte immer hübsch auf dem Teppich bleiben!“, knurrte Papa.
“Man muss doch irgendwann einmal erwachsen werden!“, klagte Oma.
Ich hasste es, wenn sie mit Ausrufezeichen sprachen und dazu noch von diesem ‘man’ redeten, als wohnte es oder er oder sie bei uns und säße jedem von uns mit Fesseln versehen im Nacken. Es nervte, dieses unsichtbare Ding, tauchte es doch immer nur auf, wenn es galt, etwas Interessantes oder Schönes oder Aufregendes niederzumachen. Und Tante Milas Pläne hatten davon von allem etwas. Sie waren interessant, schön und aufregend zugleich, und das war viel mehr als ihr Beruf als Lehrerin, den sie an den Nagel hängen wollte. Der nämlich machte sie zwar satt, aber nicht zufrieden.
Tante Mila sagte erst einmal nichts und das war gut so. Sie schob den Kuchenteller mit der halb aufgegessenen Schwarzwälder Kirschtorte zur Seite, leerte ihre Kaffeetasse und stand auf.
“Es ist mein Leben”, sagte sie. “Achtundvierzig Jahre bin ich nun alt und ich möchte endlich etwas tun, das mich glücklich macht. Wenn ihr das nicht verstehen könnt, tut es mir leid. Und nun möchte ich gehen.”
Und dann ging sie.
Was meine Eltern und meine Großeltern dazu dann noch sagten, möchte ich lieber vergessen. Aber ich kann davon erzählen, wie stolz ich auf meine Tante Mila bin. So möchte ich es in meinem Leben später auch einmal genau so wählen möchte. Es ist doch das Beste auf der Welt, wenn man die Arbeit tut, die glücklich macht.
Tante Mila ist übrigens sehr glücklich mit ihrer neuen Idee geworden. Sie besitzt nun einen kleinen Laden, in dem sie tollen, selbst gebastelten Schmuck verkauft und darüber nicht verhungern muss. Und jetzt, drei Jahre später, sind auch meine Mama, Papa, Oma und Opa glücklich darüber. Und ich, ich bin megastolz auf meine tolle, coole Tante! Klar, oder?

© Elke Bräunling



Pläne schmieden, Bildquelle © kaboompics/pixabay

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