Markttag und das Schmollen der Zitronen

Kindergeschichte von Obst und Gemüse – Gespräche auf dem Wochenmarkt und alles zu seiner Zeit

Kunterbunt ging es zu am Marktstand auf dem Wochenmarkt bei der Sankt Juliuskirche. Es war laut, trubelig und irgendwie auch fröhlich an diesem Tag kurz vor dem Sommer. So fröhlich, wie man nur sein konnte bei diesem milden, sonnigen Wetter. Es waren auch viel mehr Leute gekommen als sonst. Blumen, Obst und Gemüse kauften sie in großen Mengen. Frisch vom Land und den Bauernhöfen ringsum. Genau das war es, wonach sie sich jetzt besonders sehnten. Endlich konnte man sich wieder an ersten Früchten und zarten Gemüsen, Kräutern und Blumen aus der Heimat erfreuen.
„In dieser Jahreszeit schmeckt es doch am besten“, sagte eine Frau und lud sich den Einkaufskorb voll mit Kräutern für die grüne Soße, Salat und Erdbeeren.
„Die neuen Kartoffeln kann ich Ihnen empfehlen“, sagte eine andere Kundin. „Sie schmecken ganz vorzüglich.“
„Und erst der Spargel!“, tönte ein älterer Mann. „Es gibt nichts Besseres als Spargel. Gerne mit zarten, neuen Kartoffeln und duftigen Frühlingskräutern. Diese Frische! Man kann sie schmecken.“
„Das stimmt.“
„Genau!“
„Wie richtig!“
Die Käufer auf dem Wochenmarkt waren sich einig. Frische war das Wichtigste in diesen Tagen, hatte man doch die langen Winter- und Frühlingsmonate so sehr darauf verzichten müssen. Und sie drängten und schwärmten und kauften in Mengen das ersehnte Gemüse, die Früchte, Kräuter und die Salate.
„Die spinnen, die Menschen“, maulte eine Banane. „Wer sagt, dass ich nicht frisch bin?“
„Recht hast du“, stimmte die Apfelsine auf dem großen Apfelsinenberg zu. „Im Winter konnten sie nicht genug von uns kriegen. Jetzt aber sehen sie uns nicht mehr.“
„Das führt manchmal zum Verdruss“, maulte die Kokosnuss, und die Kiwis klagten:
„Undankbar sind sie. Im Winter stürzen sie sich auf uns wegen unserer Vitamine. Damit sie fit bleiben und gesund. Und nun … nun verschmähen sie uns. Sie sehen uns nicht mehr. Oh, wir sind ja so unglücklich! Hach!“
„Wir auch, wir auch“, riefen die Mandarinen, während die Zitronen leise kicherten:
„Uns, hihi, mögen sie im ganzen Jahr. Weil sie uns lieben und brauchen, damit wir ihre Getränke und Speisen verfeinern. Jaja, uns lieben sie.“
„Angeber!“, knurrten die Apfelsinen.
„Aufschneider!“, maulten die Mandarinen.
„Schadenfrohe Bande!“, beschwerten sich die Kokusnüsse.
„Die letzten beißen die Hunde“, lachten die Bananen, doch die hatten gut lachen, mochten die Kinder sie doch auch im ganzen Jahr ihrer süßen Bananensüße wegen immer gerne leiden.
„Alles zu seiner Zeit“, versuchten es die Äpfel mit einem Trost. „Vergesst nicht: An uns kann man sich zu jeder Zeit im Jahr erfreuen. Uns gibt es nämlich immer und wir sind auch immer da. Das sollen sie uns erst mal nachmachen, diese jungen frischen Dinger, die viel zu schnell altern und die uns nur kurz den Rang ablaufen, um dann wieder für ein Jahr in Vergessenheit zu geraten.“
Da schwiegen die Früchte. Darüber mussten sie erst einmal nachdenken. Nur die Zitronen schmollten nun doch, nein, sie waren sauer. Doch das wiederum war nichts Neues.

© Elke Bräunling

Ein buntes Paradies, Bildquelle © Monlaw/pixabay

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