Der kleine Bär und das nachdenkliche Nichtstun

Kindergeschichte vom Denken und Nachdenken und der Zufriedenheit

„Bist du traurig, kleiner Bär?“
„Traurig? Ich weiß es nicht.“
Der kleine Bär, der sich zum Nachdenken an den Rand der oberen Waldwiese gesetzt hatte und von da weit über die Wiesen und den Wald bis hinüber auf die Berge des Nachbartales blickte, wunderte sich. Er wollte doch nur hier sitzen und schweigen und gucken und sich an der schönen Welt und dem sonnigen Tag freuen. Nichts weiter. War man traurig, wenn man einfach so dasaß und Freude daran empfand?
Er sah den kleinen Spatz an, der über ihm auf dem Zweig der Buche saß und im Wind leicht hin- und her schaukelte.
„Warum fragst du?“, wunderte er sich.
„Nur so“, meinte der Spatz. „Es ist nur nicht üblich, einfach so dazusitzen und nichts zu tun. Außer man ist traurig. Oder müde.“
„Nein“, sagte der kleine Bär. „Aber ich bin nicht traurig und ich bin nicht müde. Auch nicht nachdenklich bin ich und einsam fühle ich mich schon gar nicht.“
Der Spatz lachte hell auf. „Du bist ja auch nicht einsam. Ich bin ja da.“
„Stimmt.“ Der kleine Bär lächelte nun auch. „Es ist ein Glück, dass du gekommen bist und mich beim Dasitzen und Nichtstun begleitest. Aber sag, was tust du eigentlich hier oben? Wohnst du nicht mit deiner Familie auf der anderen Seite des großen Waldes in dem Dorf bei den Menschenhäusern? Es ist ein weiter Weg hier herauf.“
Der Spatz nickte. „Dort wohne ich und wir haben es gut. Wir haben genug zu essen und zu trinken und es gibt viele Plätze, wo wir unsere Nester bauen können. Aber ich wollte einmal auf diesen Berg hinauf fliegen und dem Himmel nahe sein.“
Dem Himmel nahe sein? Was für ein kluger kleiner Spatz! Der kleine Bär blickte zum Himmel hinauf.
„Du hast recht. Der Himmel ist sehr viel näher hier. Und weiter.“
„Ja!“, sagte der Spatz wieder. „Was ist ein Leben, ohne dies gesehen zu haben? Man muss alles einmal gesehen haben.“
„Und man muss auch einmal im Leben über alles nachgedacht haben, um zufrieden zu sein“, ergänzte der kleine Bär.“
„Bist du zufrieden nun?“, fragte der Spatz.
Der Bär nickte. „Ja, ich glaube, das bin ich. Doch ich schätze, ich muss noch eine Weile hier sitzen bleiben und nichts tun und weiter nachdenken.“
Der kleine Spatz nickte auch. „Und ich muss dir noch ein bisschen Gesellschaft leisten und dem Himmel nahe sein.“
„Und glaubst du jetzt auch, dass du traurig bist?“, fragte der kleine Bär.
„Wer sagt, dass hier jemand traurig ist?“
„Du. Das hast du mich vorhin gefragt.“
„Stimmt.“ Der kleine Spatz kicherte. „Was man so alles denkt, wenn man falsch denkt.“
Der kleine Bär kicherte nun auch. „Ja. Aber man kann es üben. Und lernen. Dieses richtige Denken.“

© Elke Bräunling

Auch hier hat der kleine Bär gerade viel zum Nachdenken: Der kleine Bär und die Zufriedenheit
Auch hier wird nachgedacht: Vom Dasitzen und Denken


Himmelsbetrachter, Bildquelle © Pezibear/pixabay

Meine Texte und die virtuelle Kaffeekasse

Kontaktieren Sie mich bitte, wenn Sie einen oder mehrere meiner Texte online oder printmäßig verwerten oder anderweitig publizieren möchten.

Und wenn Sie mir einen Becher Kaffee schenken möchten, einfach so, weil Ihnen die Geschichte gut gefallen hat, so freue ich mich sehr darüber. Herzlichen Dank! 💛

Vielleicht haben Sie Lust, mein Blog zu abonnieren?

So verpassen Sie keinen Beitrag mehr! Einfach Mail-Adresse eintragen, absenden und den Link in der Bestätigungsmail anklicken. Ich freue mich auf Sie! Auf Dich!