Pia, Pit und die zwei Kilo

Fastengeschichte – Daheim wird gefastet. Aber warum ist Pia trotzdem so gut gelaunt?

In letzter Zeit wurde Pia an den Nachmittagen immer sehr unruhig. Egal, ob sie gerade Hausaufgaben machte oder ein Buch las oder Klavier übte oder mit Pit spielte. Urplötzlich stand sie auf, trat ans Fenster, schaute nach links und nach rechts, trippelte von einem Fuß auf den anderen, schnaufte, seufzte und murmelte Worte, die keiner verstand. Nur die letzten Sätze sprach Pia laut aus. Laut und sehr deutlich, so dass es bestimmt einer im Zimmer oder im Flur oder gar weiter weg in der Küche hörte. So auch heute.
„Oh, oh!“, sagte Pia gerade sehr laut und sehr deutlich. „Da hätte ich doch beinahe vergessen, kurz zu Oma Wolke zu gehen. Wo ich es ihr doch fest versprochen habe.“
Und ehe Mama oder Pit oder sonst jemand etwas sagen konnte, schlüpfte Pia schon in ihre Stiefel, griff nach ihrer Jacke und rief Mama ein „Bin bald wieder da“ zu.
Mama grinste und sagte: „Nur kein Stress. Lass dir ruhig Zeit.“
„Aber wir wollten doch zur Eisbahn gehen“, protestierte Pit. „Du hast versprochen, dass du dieses Mal mitkommst.“
„Morgen“, rief Pia und schon war sie aus der Haustür geschlüpft.
Pit war sauer. Seit zwei Wochen ging das schon so. Immer verschwand Pia an den Nachmittagen und kein einziges Mal hatte sie Pit gefragt, ob er sie begleiten wolle.
Was sie wohl Spannendes mit Oma Wolke ausheckte?
„Eigentlich habe ich heute keine Lust zum Schlittschuhlaufen“, sagte er. „Und eigentlich könnte ich Oma Wolke auch einmal wieder besuchen.“
Mama aber gefiel diese Idee nicht. „Du gehst zur Eisbahn und spielst mit deinen Freunden“, sagte sie. „Das Toben an der frischen Luft tut dir gut nach den faulen Wintertagen mit all den Naschereien.“
„Sag doch gleich, ich bin zu dick“, maulte Pit.
„Wolltest du nicht zwei Kilo abnehmen, damit deine Lieblingsjeans nicht mehr am Bauch zwicken?“, fragte Mama.
Pit stöhnte. Diese doofen zwei Kilo aber auch. Seit zehn Tagen gab es nur noch gesundes Essen mit wenig Kalorien und das machte manchmal ganz schön hungrig. Und übellaunig. Weil alle aber mitmachten, mochte Pit nicht kneifen. Selbst Pia, die sehr dünn war und – im Gegensatz zu Pit – mindestens zwei Kilo zunehmen müsste, machte mit beim Fasten. Sie meckerte nicht und ihre Laune war auch nie schlecht. Nein. Als einzige in der Familie war Pia fröhlich und bester Laune, als ob sie nie Appetit auf Pfannkuchen, Schokolade, Kuchen, Eis, Pudding oder andere leckere Süßigkeiten, die es wegen der Diät nun nicht mehr gab, hätte.
Hm. Das war seltsam.
Pit geriet ins Grübeln. War es nicht so, dass Pia seit dieser doofen Diät jeden Tag zu Oma Wolke rannte? Und war Oma Wolke, die früher in einer Konditorei gearbeitet hatte, nicht die weltbeste Kuchenbäckerin, die noch heute fast jeden Tag neue Kuchenrezepte ausprobierte? Oh, Pia, diese Schlange! Bestimmt saß sie gerade bei Oma Wolke und futterte sich durch einen neuen Oma-Wolke-Kuchen oder vielleicht genoss sie sogar ein paar Tortenstücke.
Pit sah Mama an. Die hatte, schien es, Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.
„Du weißt es“, brach es aus ihm heraus. „Pia schummelt und isst Kuchen und wir müssen fasten. Das ist gemein und ich werde jetzt auch zu Oma Wolke gehen. Pah.“
Da lachte Mama nicht mehr. „Das Fasten tut deiner Schwester nicht gut“, sagte sie. „Seit der schweren Grippe in den Winterferien ist sie viel zu dünn und …“
„Und sie kann noch viel Oma-Wolke-Kuchen vertragen“, unterbrach Pit Mama. Er stand er auf und griff nach seiner Jacke.
„Ich werde dann auch mal gehen“, murmelte er. „Zur Eisbahn.“

© Elke Bräunling


Guten Appetit, Bildquelle © ThorstenF/pixabay

 

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