Fräulein ‘Rühr-mich-nicht-an’

Kräutermärchen über die Brennnessel, die auch Fräulein ‘Rühr-mich-nicht-an’ genannt wird

Jan und Katja sind mit Tante Bertha unterwegs beim Kräutersammeln. Es macht Spaß, über die Wiesen zu gehen und nach Kräutern Ausschau zu halten. Jan lernt viele Pflanzen kennen. Und von jeder weiß die Tante etwas zu erzählen. Unheimlich sind diese Geschichten und wundersam, traurig und fröhlich.
„Und was weißt du über Brennnesseln?“, fragt Katja, als sie neben einem Büschel Brennnesseln Rast machen.
„Du meinst das Fräulein ‘Rühr-mich-nicht-an’?“, fragt Tante Bertha. „So nenne ich die Brennnessel.“
„Warum? Weil sie so eklig gemein brennen?“
Tante Bertha nickt. „Sie wehren sich. Das gefällt mir. Ja, und Geschichten gibt es viele über sie. Eine kennt ihr bestimmt. Es ist ‘Das Märchen von den wilden Schwänen’.“
„Das kenne ich“, ruft Jan. „Da hat die böse Stiefmutter elf Königssöhne in Schwäne verzaubert, doch ihre Schwester hat sie gerettet. Eine gute Fee hat ihr nämlich gesagt, sie müsse Hemden aus Brennnesseln stricken und dürfe kein Wort dabei sprechen. Das hat sie getan und wäre fast als Hexe verbrannt worden, weil der König glaubte, sie sei von einem bösen Geist verhext. Doch sie konnte noch rechtzeitig ihren Brüdern die Hemden überwerfen, und aus den Schwänen wurden wieder Königssöhne.”
„Weil die Zeit aber knapp wurde”, fährt Tante Bertha fort, „fehlte an einem Hemd ein Arm. So hatte der elfte Prinz einen Schwanenflügel anstelle eines Armes.“
„Na ja“, sagt Jan, „immer noch besser als ein Schwan zu bleiben.“
„Stimmt. Gut, dass die Brennnesseln da waren.“
„Das haben die Menschen auch gesagt“, meint Tante Bertha. „Erst glaubten sie, dieses Kraut sei von einem Dämon besetzt, weil es schmerzhaft auf der Haut brannte. Dann erkannten sie, dass Brennnesseln bei Krankheiten halfen und auch als Suppe, Gemüse oder Tee gut schmeckten.“
„Bei welchen Krankheiten haben die Leute Brennnesseln als Medizin gegessen?“, fragt Katja.
„Sie glaubten, das brennende Wunderkraut helfe gegen Fieber, Bauchweh, Rheuma, Geschwüre und vieles mehr …“, erklärt die Tante. „Heute aber denkt man ein bisschen anders. Aber eines tut die Brennnessel bestimmt: Sie gibt dem Körper wichtige Vitamine und Mineralstoffe.“
„Was es nicht alles über ein einziges Kraut zu erzählen gibt!?“, wundert sich Katja.
„Von jeder Pflanze gibt es Geschichten“, meint Tante Bertha.
„Toll!“, staunt Jan. „Das ist ja ein ganzer Geschichtenberg und viel spannender als der beste Comic.“

© Elke Bräunling


Brennnessel, Bildquelle © Roro21/pixabay

 

Diese Geschichte findest du in dem Buch:


Taschenbuch: Hör mal, Oma! Ich erzähle Dir eine Geschichte von Frühling und Sommer: Frühlings- und Sommergeschichten – Von Kindern erzählt *
Ebook: Hör mal, Oma! Ich erzähle Dir eine Geschichte von Frühling und Sommer – SAMMELBAND: Frühlings- und Sommergeschichten – Von Kindern erzählt*
*Affiliate Link

 

Meine Texte und die virtuelle Kaffeekasse

Kontaktieren Sie mich bitte, wenn Sie einen oder mehrere meiner Texte online oder printmäßig verwerten oder anderweitig publizieren möchten.

Und wenn Sie mir einen Becher Kaffee schenken möchten, einfach so, weil Ihnen die Geschichte gut gefallen hat, so freue ich mich sehr darüber. Herzlichen Dank! 💛

Vielleicht haben Sie Lust, mein Blog zu abonnieren?

So verpassen Sie keinen Beitrag mehr! Einfach Mail-Adresse eintragen, absenden und den Link in der Bestätigungsmail anklicken. Ich freue mich auf Sie! Auf Dich!