Der Weihnachtsdrache
Fröhliches Adventsmärchen für Kinder – Der “echte” Drache Fauchi verirrt sich zur Weihnachtszeit in der Stadt
Wieder einmal erwachte der Drache Fauchi aus dem Schlaf. Wieviel Hunderte von Jahren er verschlafen hatte, wusste er nicht.
“Uahh!”, fauchte er. “Gut geht’s mir. Feuerpudelwohlgut!”
Er machte sich auf den Weg ins Tal.
“Vielleicht laufen mir ein paar dumme Ritter über den Weg? Ein kleines Späßchen würde mir gefallen.”
Aber es war still im Winterwald. Nur vom Tal her sah er Lichter funkeln.
“Juchhu! Es brennt!”
Aufgeregt rannte Fauchi den Feuerfunken entgegen. Vor Eile merkte er nicht, dass sich im Tal vieles verändert und dass die alte Mühle einer Stadt mit Häusern und Straßen Platz gemacht hatte.
Da endlich! Staunend blieb Fauchi vor einer Weihnachtslichtertanne stehen.
“Ohh! Ein Feuerfunkenbaum! Schöön!”
Vor Freude blies er einen Feuerstrahl zu den Lichtern hinüber.
Wie Glühwürmchen umtanzten die Funken den Baum.
“Toll!”, rief von irgendwoher eine Kinderstimme. “Unser Weihnachtsbaum lacht.”
Da lachte auch Fauchi, und fröhlich lief er weiter.
Überall unterwegs blinkte und glitzerte es hell und bunt von Bäumen, Fenstern und Lichterketten.
“Drachenpotz und Zauberei!” Fauchi glaubte zu träumen. “Wo bin ich bloß? Was ist hier los?”
Erst jetzt bemerkte er die vielen Leute und die stinkenden Blechdinger, die auf den Straßen lärmten und hupten. Er musste an die große Ritterschlacht in der Talaue denken. Damals war es hier auch laut zugegangen, aber diese Schlacht nun war lauter.
Fauchi begann sich zu fürchten.
“Oje, wenn die mich hier entdecken, die Ritter! Wo kann ich mich denn nur verstecken?”
Da sah er die Tanne neben dem Kaufhaus, vor dem ein Mensch mit weißem Bart, roter Jacke, Mütze und einem Sack stand.
“Unter den Zweigen”, überlegte Fauchi, “könnte ich in aller Ruhe abwarten, bis die Schlacht vorbei ist.”
“Sieh mal, Mami”, rief da eine Kinderstimme. “Ein Drache!”
Fauchi erschrak. Jetzt hatten sie ihn entdeckt!
“Du sollst nicht schwindeln”, sagte die Mutter. “Drachen gibt es nicht.”
“Aber da ist einer!” Das Kind deutete auf Fauchi.
“Unsinn!” Schimpfend zog die Mutter das Kind mit sich fort.
Fauchi atmete auf. Wie dumm die Menschen waren! Dann tappte er über die Straße.
Die Blech-Ungetüme hielten an, hupten, und eine Stimme rief:
“Hau ab, du Idiot! Es ist doch kein Fasching.”
“Huacchh!”, fauchte Fauchi und setzte seinen Weg fort zur Kaufhausweihnachtstanne.
“Hallo”, sagte der Mensch mit den roten Klamotten, als Fauchi am Kaufhaus vorbei schleichen wollte. “Ich heiße Tom und spiele hier den Weihnachtsmann. Und wie heißt du?”
“Fauchi”, zischte Fauchi. “Ich bin ein Drache.”
“Guter Gag!”, grölte der Tom-Weihnachtsmann.
“Wie bitte?”, fragte Fauchi und spuckte dem frechen Kerl eine Ladung Qualm ins Gesicht.
Den aber schien dies nicht zu beeindrucken. “Ein Weihnachtsdrache ist eine tolle Idee”, rief er. “Die Kids stehen mächtig auf dem Saurierkram! Sag, haben dich die Kaufhausleute engagiert?”
Fauchi nickte, obwohl er nichts kapierte.
Weihnachtsmann? Kids? Reklame? Was bedeutete das alles?
“Eigentlich wollte ich nur ein paar dumme Ritter für ein Späßchen suchen”, murmelte er und hatte auf einmal große Sehnsucht nach seiner Höhle, nach Rittern, Räubern und tapferen Prinzen.
“Du spielst deine Rolle gut”, sagte der Tom-Weihnachtsmann. “Aber da fehlt noch so einiges.”
Er holte Goldsterne, bunte Kugeln, Lamettafäden und Silberglöckchen aus seinem Sack und hängte sie zwischen Fauchis Panzerschuppen, hinter die Ohren, an Schwanz und Nase. Dann besprühte er Fauchi mit klebrigem Silberflimmerstaub.
“So! Jetzt bist du ein richtiger Weihnachtsdrache.”
“Huacch…”, Fauchi wollte losschimpfen, aber schon kamen Leute und starrten ihn an.
“Ein Weihnachtsdrache!”, riefen sie. “Gute Idee!”
“Endlich mal etwas anderes als die ewigen Weihnachtsmänner und Christkindels!”
“Prima Reklame!”
Fauchi kam sich ganz schön dämlich vor. In was für eine verrückte Welt war er nur geraten?
Da kam ein kleiner Junge.
“Armer Drache!”, sagte er und strich Fauchi über die Nase. “Möchtest du mit mir kommen?”
“Nichts da!”, rief der Tom-Weihnachtsmann und jagte den Jungen fort, bevor Fauchi etwas sagen konnte. Da ergab sich Fauchi in sein Schicksal. Er schloss die Augen und ließ den Rummel einfach über sich ergehen.
“Schluss für heute!”, rief der Tom-Weihnachtsmann irgendwann später. “Die Schlacht ist geschlagen.”
“Guuut!” Fauchi fiel ein Stein vom Herzen. Endlich war die Schlacht vorbei!
“Na, dann tschüs bis morgen”, sagte Tom.
“B-b-bis morgen?”, stammelte Fauchi.
“Na klar”, rief Tom. “Morgen wird’s noch stressiger. Es ist doch bald Weihnachten!”
“Nei-ei-ein!” Fauchi sprang auf, schüttelte sich und hüllte den Tom-Weihnachtsmann in eine Silberstaubwolke. “Ohne mich! Diese Schlacht heute hat mir gereicht. Auf Nimmerwieder-Tschüs!”
Wie von tausend Rittern gejagt raste er zu seiner Höhle und fiel sofort in einen tiefen Schlaf. An seinen Ohren baumelten Goldsterne, am Schwanz klimperte ein Glöckchen und am Körper hingen Kugeln und Lametta.
Na, er wird sich schön wundern, wenn er -irgendwann- in einer Woche, einem Jahr oder auch erst in einem Jahrhundert wieder aufwacht. Als Weihnachtsdrache.
© Elke Bräunling
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Kleiner Drache, Bildquelle © LMoonlight/pixabay