Löwenzahn ist doch kein Unkraut
Kräutergeschichte – Löwenzahn ist toll und alles andere als Unkraut
„Oh, sieh nur, was da blüht!“
Oma Emma deutete auf das gelbe Blümchen, das mitten im Trottoir* erblühte. Man konnte meinen, es würde direkt aus den Beton heraus wachsen, doch wenn man genauer hinsah, entdeckte man die kleine Ritze im Pflaster.
„Ganz schön schlau ist diese Blume“, staunte Lara. „Und hübsch ist sie auch mit ihrer gelben Blüte.“
„Unkraut ist es, keine Blume“, berichtigte Linus seine Schwester.
„Ganz schön schlau, dieses Unkraut“, wiederholte Lara. „Und überhaupt, was ist Unkraut?“
„Zeugs, das so herumwächst und nervt, weil man es nicht haben will und ausrupfen muss“, sagte Linus.
„Och! Das hat dieses hübsche Unkrautblume aber nicht verdient. Ist sie nicht cool, wie sie fast aus dem Beton wächst?“
„Das ist bei Unkraut so. Das wächst überall.“ Linus wusste Bescheid.
„Deshalb ist es ja auch cool. Es kann kämpfen.“ Lara wollte nicht klein beigeben. Außerdem gefiel ihr dieses gelbe Blümchen. Toll sah es aus, wie es strahlte und das langweilige Trottoir gleich viel fröhlicher machte. „Wie heißt dieses Blümchen denn, Oma?“
Oma Emma, die das Gespräch der Geschwister mit einem Schmunzeln belauscht hatte, beugte sich über die kleine Blüte.
„Löwenzahn“, antwortete sie. „Es ist ein Löwenzahn.“
„Und dieser schöne Zahn ist wirklich ein Unkraut?“, fragte Lara.
„Unkraut!“, sagte Oma Emma. „Was ist schon Unkraut? Wildpflanzen, die unerwünscht wachsen und die wir nicht nach Plan gepflanzt haben, nennt man Unkraut. Wir übersehen gerne, dass wir diese Wildpflanzen brauchen. Sie bieten Nektar für die Bienen und verschönern unsere Umwelt. Außerdem sind wundervolle Heilkräuter unter ihnen und lecker schmecken sie auch. Zumindest viele von ihnen. Und ich …“ Oma Emma redete und redete und ihre Wangen wurden rot und röter dabei.
„Ist dieser Löwenzahn denn auch eine Heilpflanze?“, fragte Linus, der das mit diesen wilden Pflanzen nun doch sehr spannend fand.
„Und kann man ihn essen?“, fügte Lara hinzu.
„Beides. Bei Problemen mit der Verdauung hilft Löwenzahn sehr, ja, und zum Essen ist er nicht nur eine Delikatesse für die Bienen“, erklärte Oma Emma. „Löwenzahnsalat mit jungen Blättern zum Beispiel schmeckt köstlich und wird sogar in Feinschmeckerrestaurants angeboten. Noch besser schmeckt Löwenzahnhonig und in Notzeiten haben die Leute aus der Löwenzahnwurzel so etwas wie Kaffee gebraut. Ihr seht, von einem unnützen Unkraut kann hier nicht die Rede sein. Am wichtigsten aber ist dieses Blümchen für die Bienen, wächst es doch überall und bietet damit den hungrigen Nektarsammlern immer und überall Nahrung. Na, ist das nichts?“
“Und was heilt der Löwenzahn nun?”, hakte Linus nach.
“Vieles! Er gibt dem Blut neue Kraft nach dem Winter, hilft bei Problemen mit der Haut und ist nützlich für unsere Organe.”
„Oh, viel ist das! Sehr viel sogar“, sagte Linus. „Nie wieder werde ich Unkraut zu einer Pflanze sagen.“
„Wildkraut klingt ja auch viel schöner“, ergänzte Lara. „Oder?“
© Elke Bräunling
*Trottoir ist französisch und heißt Bürgersteig. Im südwestdeutschen Raum sagt man meist Trottoir und das wird so ausgesprochen: “Trottwar”.
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Liebe Elke,
danke danke danke für deine Geschichten, endlich Geschichten aus dem Herzen! Manche Kindergeschichten kann ich meinem Sohn gar nicht vorlesen, so leer und ohne Sinn. Danke für diese liebevolle menschlichen Texte!
In welchem Buch ist diese tolle Geschichte vom Wildkraut:)?
Lg Marina
Danke, Marina. Dein Lob freut mich sehr und es bereitet mir gerade ein schönes Wochenende. Das tut gut.
Ich hoffe, ihr werdet noch sehr oft fündig hier im Blog.
Die Löwenzahngeschichte gibt es noch nicht in einem Buch, leider.
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag
Elke