Das Glück wächst überall und ist für jeden da

Eine verträumte Sommergeschichte – Ein fröhlicher Nachmittag in Omas Garten

“Hey du! Du hast mich gekitzelt“, flüstert ein feines Stimmchen.
Fabian erschrickt. Er blickt von dem Zaubererbuch, in dem er den ganzen Nachmittag schmökert, auf und sieht sich um. Da ist niemand auf der Gartenwiese, nur er, Oma, die Apfelbäume und Beerensträucher und viele Gräser, Kräuter und Blumen. Und Oma liegt auf der Decke neben ihm und schläft. Ein bisschen schnarcht sie auch. Manchmal.
„Hab ich nicht. Da ist niemand, den ich kitzeln kann“, flüstert Fabian zurück. „Nur Oma, und die ist komisch heute. Sie schläft.“
„Sie ist müde. Das ist mir bekannt. Nun haben wir beide Zeit für uns“, sagt das Stimmchen.
„Wir? Zeit für uns? Das klingt cool. Aber sag, wer bist du und wo bist du?“ Fabian sieht sich um.
„Ich bin überall und nirgendwo“, antwortet das Stimmchen. „Und überall und nirgendwo kannst du mich gerade sehen. Eben noch habe ich die Biene dort drüben auf der Margeritenblüte besucht, dann saß ich eine Weile auf dem Marienkäfer dort, dann war ich mit der fleißigen Ameise unterwegs und habe mit ihr ein Sandkorn zur Ameisenhöhle getragen. Auf dem Rückweg hat mich die Wiesenmaus wieder hierher zu dir gebracht und auf einem Grashalm abgesetzt. Dort sitze ich nun und schaukle hin und her im sanften Wiesenwind. Siehst du es nicht?“
Fabian zögert. “Hm!”, meint er dann. „Die Biene habe ich auch gesehen. Sie hat sich für einen Moment auf meinen Arm gesetzt. Müde hat sie ausgesehen. Wie Oma. ’Bist du müde, Biene?’ habe ich sie gefragt, doch da ist sie weiter geflogen zur Margerite hinüber.“ Fabian nickt. „Sie hat sich cool angefühlt und auch nicht gestochen. Weil ich ganz ruhig geblieben bin. Weißt du, dass man sich vor Bienen nicht fürchten muss?“
„Klar, klar! Ich habe es dir zugeflüstert. Erinnerst du dich?“
Nein, daran erinnert sich Fabian nicht.
„Und den Marienkäfer habe ich auch zu dir geschickt.“ Das Stimmchen kichert.
„Hihi! Der war ulkig. Auf meine Nase hat er sich gesetzt. Ich bin ein Glückskäfer, hat er gesagt. Und ich suche das Glück hier auf der Wiese.” Fabian kichert nun auch. “Einen Glückskäfer, der das Glück suchen muss, habe ich auch noch nicht getroffen und das habe ich ihm gesagt. Da hat er mir  ‘Wie soll ich Glück bringen, wenn ich es noch nicht vom Himmel gepflückt habe?‘ zugerufen und ist weiter geflogen. … Sag, kann man das Glück wirklich vom Himmel pflücken?“
„Das Glück wächst überall und ist für jeden da, aber nur, wenn man es nicht für sich alleine behält“, antwortet das Stimmchen. „Man muss es weiter schicken dorthin, wo es gebraucht wird.“
„Und hat der Marienglückskäfer sein Glück weiter geschickt?“, erkundigt sich Fabian.
„Aber klar. Zur Ameise mit dem Sandkorn. Die hatte nämlich schwer damit zu tun, das Sandkorn durch die Wiese zur Ameisenhöhle zu tragen und brauchte Hilfe. Oder ein bisschen Glück eben.”
„Oh ja!“, ruft Fabian. „Und dann ist das Glück zur Wiesenmaus gesprungen und wieder hierher zurückgekehrt. Und da sitzt es nun auf dem Grashalm und zwinkert mir zu. Stimmt’s?“
Das Stimmchen schweigt. Florian weiß Bescheid. Er winkt zu dem Grashalm hinüber.
„Wo steckst du, Glück? Sag doch!”
„Aber hallo!“, antwortet da eine andere Stimme. Es war Omas Stimme. „Da bin ich doch glatt eingeschlafen. Dabei wollte ich mit dir im Erdbeerbeet Unkraut jäten und Ableger auspflanzen.“ Oma blickt auf ihre Uhr. „Herrje! Dazu ist es jetzt zu spät. Die Gartenarbeit fällt heute aus. Du hast aber auch ein Glück!“
„Stimmt!“ Fabian freut sich. Zum Unkrautjäten hat er an diesem warmen Nachmittag nämlich überhaupt keine Lust. Und leise fügt er hinzu:
„Danke, liebes Glück, dass du Oma das Mittagsschläfchen geschickt hast. Das war sehr nett von dir.“
Er lauscht und ihm ist, als hört er von drüben, vom Himbeerstrauch, ein leises Kichern.

© Elke Bräunling


Gartenglück, Bildquelle © Vladvictoria/pixabay

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