Urgroßvaters ‚gruselige‘ Schulgeschichten

Schulgeschichte – Urgroßvaters Schulgeschichten sind vielfältig, man weiß nie, ob man sich gruseln soll oder nicht

„Erzählst du uns wieder eine Geschichte von früher, Opa? Eine gruselige von der Schule wäre toll!“
Finn, Emma und ihre Cousinen, die Zwillinge Jara und Lia, sitzen vor Urgroßvater Janos’ Korbsessel auf dem Boden und erbetteln sich Geschichten von früher, als der Urgroßvater so alt war, wie sie es heute sind. Seine Schulgeschichten lieben sie besonders.
„Die gruseln so schön“, schwärmt Emma, die wie ihre Cousinen bald in die Schule kommt und deswegen schon sehr aufgeregt ist.
„Gruseln?“, staunt Mama. „Es sind doch keine Gespenstergeschichten.“
„Nein“, sagt Lia. „Gespenstergeschichten sind lange nicht so unheimlich wie Uropas Schulgeschichten.“
„Und sie kribbeln auch nicht im Bauch“, ergänzt Jara.
Mama schüttelt den Kopf. „Was erzählst du den Kindern da, Opa Janos?“, fragt sie und sie guckt dabei ein bisschen nervös.
„Die Wahrheit“, knurrt der Urgroßvater. „Es sind die gleichen Geschichten, die ich auch dir damals erzählt habe, als du auf meinem Schoß herumgekrabbelt bist.“
„Ach, diese Geschichten!“ Mamas Stimme klingt gedehnt. Sie erinnert sich. Und sie denkt an das alte, halb zerfallene Schulhaus in Uropas Geburtsstädtchen, in dem acht Schulklassen in nur drei Schulräumen unterrichtet wurden. Sie denkt an die strengen Lehrer, die Rohrstöcke, die Prügelstrafen, die Kämpfe zwischen katholischen und evangelischen Schülern und an den Zaun, der mitten durch den Schulhof verlief und die Mädchen von den Jungen trennte. Es war eine strenge, düstere Zeit, die Angst macht. Man soll sie aber dennoch nicht als Vergangenes abtun und vergessen. Die Wahrheit kann manchmal eben grausamer sein als jedes noch so gruselige Märchen.
„Okay“, sagt Mama nun und setzt sich zu den Kindern auf den Boden. „Erzähle uns von deiner Schulzeit!“
Und während Finn, Emma, Jara und Lia vor Vorfreude in die Hände klatschen, zwinkert sie Urgroßvater Janos zu. Der zwinkert zurück und dann erzählt er ihnen viele kleine Geschichten von lustigen Streichen, die sie ihren Lehrern gespielt hatten, von Sportfesten, von Vorlese-Wettkämpfen und Schulfeiern, von Maikäferwochen, Kartoffelkäfersammeltagen und Kartoffelernten, von Ernteferien und Stoppelfeldzeiten mit der ganzen Schule, von netten und weniger netten Schulkameraden und vom Lehrer Fritzl, der ein besonders komischer Mann gewesen war und über den man oft so viel lachen konnte. Gruselig sind diese Geschichten alle nicht. Nicht in den Augen von Urgroßvater Janos, der dem Leben schon immer lieber ein lachendes Gewand ins Gesicht malt.

© Elke Bräunling

Bildquelle © Nuffer/pixabay

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